Antrag: Erneuerung der CDU

Datum des Artikels 25.10.2021

Beschluss der MIT-Landesvorstandssitzung am 20.10.2021
Erneuerung der CDU in dramatischer Lage

A) Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU Rheinland-Pfalz stellt fest:

  1. Das desaströse Ergebnis der Bundestagswahl 2021 ist die Folge einer langjährigen Entwicklung der vergangenen 16 Jahre, bei der die CDU schubweise wichtige Wählerschichten an andere Parteien und in die Wahlenthaltung verloren hat. Diese Entwicklung zeigt sich darin, dass schon 2019, vor der Corona-Krise, die Zustimmung zur CDU stabil auf 26% der Wähler abgesunken war. Diese Entwicklung ist dadurch gekennzeichnet, dass das politische Profil der CDU bis auf Restbestände verdunstete und die Partei kaum Bemühungen unternahm, für wesentliche existentielle politische Fragen der Gegenwart und der Zukunft Richtungsbestimmungen vorzunehmen. Die Union hat die Fähigkeit verloren, die Menschen auch bei anfänglicher Skepsis von politischen Konzepten auch gegen starke Widerstände zu überzeugen. Das Regierungshandeln wurde ausschließlich tagesaktuellen taktischen Überlegungen in einem auf die Spitze getriebenen Pragmatismus unterworfen. Das Profil der CDU wurde darüber hinaus vorsätzlich durch die „Strategie“ der sog. „asymmetrischen Demobilisierung“ aufgegeben. Das Ergebnis ist die Zersplitterung der Parteienlandschaft maßgeblich zu Lasten von CDU und CSU, vor allem durch die AfD, die Grünen und die inzwischen auch auf Landes- und Bundesebene auftretenden Freien Wähler.
     
  2. Das Ergebnis der Bundestagswahl ist aber auch der vollständig misslungenen Prozedur des Führungswechsels der Union nach dem Rückzug von Angela Merkel vom CDU-Bundesvorsitz geschuldet. Die Union hätte darauf dringen müssen, dass die Ämter von CDU-Bundesvorsitz und Bundeskanzler gleichzeitig neu besetzt werden. Dieser schwere Nachteil wurde dadurch potenziert, dass die Neuwahl eines Vorsitzenden nach dem schnellen Rückzug von Frau Kramp-Karrenbauer viel zu spät erfolgte, Das hätte so früh wie möglich im Jahr 2020 geschehen müssen. So konnte es niemandem gelingen, die ohnehin extrem schwere Aufgabe zu lösen, parallel zur noch andauernden Kanzlerschaft von Frau Merkel die CDU neu aufzustellen und auf Zukunft auszurichten. So war es, egal für welchen Bundesvorsitzenden oder Kanzlerkandidaten, nahezu unmöglich, eine argumentativ schlüssige Wahlkampagne zu entwerfen und durchzuführen. Die aktuellen politischen Ereignisse wie die Corona-Krise, die Hochwasserflut und der Rückzug aus Afghanistan erschwerten das zusätzlich. Unter diesen Umständen wurde die Kanzlerkandidatur für die Union beinahe schon ein Himmelfahrtskommando. Deshalb ist es falsch, die Verantwortung für das Wahlergebnis ausschließlich auf den CDU-Bundesvorsitzenden und Kanzlerkandidaten zu fokussieren.

B) Für die Erneuerung der CDU fordert die MIT:

  1. Die personelle Erneuerung der CDU muss in einem geordneten und politisch klug geplanten Prozess der Erneuerung der CDU überzeugend und umfassend gelöst werden. Dabei müssen die Bundestagsfraktion und die Landesverbände einbezogen werden. Die misslungene Prozedur bei der Nachfolge von Angela Merkel sollte eine Warnung sein. Der nun beschlossene Weg über die Neuwahl des gesamten Präsidiums und Bundesvorstandes der CDU ist ein möglicher, aber auch ein riskanter Weg. Die CDU braucht spätestens gleich zu Beginn des Jahres 2022 eine neue stabile und handlungsfähige Führung, die zugleich die Erneuerung der CDU, die Rückgewinnung von Vertrauen und Zustimmung großer Teile der Wählerschaft und kraftvolle Landtagswahlkämpfe im kommenden Jahr gestalten kann. Dazu braucht diese Führung die erkennbare Anerkennung der Mitgliederbasis. Unabdingbar ist aber die Bereitschaft unterlegener Kandidaten wie auch der Mitglieder, die dann gewählte Führung im Sinne des gemeinsamen Erfolges voll zu unterstützen.
     
  2. Die MIT plädiert dafür, die Regeln der repräsentativen Demokratie, die Verfassung und Parteiengesetz für die Willensbildung in den Parteien festlegen, nicht zu unterhöhlen, sondern zu pflegen und mit offener Diskussion zu nutzen. Für die Wahl der Delegierten müssen Regeln gefunden werden, um ein vollständiges Übergewicht von Mandatsträgern auf der Ebene des Bundes, der Länder und der EU zu verhindern.
     
  3. Es ist notwendig, dass die Schwesterparteien CDU und CSU ein transparentes und rechtlich verbindliches Verfahren zur Bestimmung eines gemeinsamen Kanzlerkandidaten und wichtiger Positionen in Grundsatzfragen der Politik vereinbaren.
     
  4. Es ist richtig und notwendig, dass die Union jetzt offen bleibt für Gespräche über die Bildung der neuen Bundesregierung. Keine demokratische Partei darf den Anspruch auf Regierungsverantwortung aufgeben, wenn es dafür mögliche Mehrheitsverhältnisse gibt, auch nach einer Wahlniederlage. Alles andere wäre politische Selbstaufgabe, mit der die Union sich selbst marginalisiert. Die MIT verurteilt deshalb scharf den destruktiven Bruch der Vertraulichkeit bei den Sondierungsgesprächen mit der FDP und den Grünen. 
     
  5. Die CDU muss auf allen Ebenen als demokratische Partei die Chancen der Menschen zur Mitwirkung und Mitbestimmung in Staat und Politik verbessern und modernisieren und dadurch auch Verständnis für politische Entscheidungswege fordern und auch so wieder mehr Vertrauen erwerben. Dazu braucht es stärkere Mitwirkungsmöglichkeiten der Mitgliederbasis und neue Formen der politischen Arbeit.
     
  6. Die CDU muss nun unverzüglich ihren umfassenden programmatischen Neuaufbau in Angriff nehmen. Ausgangslage ist die Tatsache, dass die Union in allen Alters- und Erwerbsgruppen massiv an Zustimmung verloren hat. Je jünger die Bürger sind, desto weniger vertrauen sie der Union. Deshalb muss die CDU für alle Altersgruppen, für städtische und ländliche Milieus, für die unterschiedlichen Erwerbsgruppen verbindende und mehrheitsfähige politische Konzepte für die Zukunft erarbeiten und verkörpern. Das ist eine programmatische und eine kommunikative Aufgabe, die nachhaltig über Jahre erfolgen muss. Die MIT fordert die Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms der CDU.
     
  7. Die MIT nennt beispielhaft folgende Themen für die programmatische Modernisierung der CDU:

7.1.Die CDU muss eine eigenständige, am Ordnungsmodell der Sozialen Marktwirtschaft aufgebaute Klimapolitik vertreten. Nicht das Ob, sondern das Wie muss im Zentrum stehen. Nicht die Anbiederung an die Grünen oder gar an die radikalen Klima-Aktivisten ist die Strategie, sondern der eigenständige Weg zum Klimaschutz. Die CDU muss den Grünen und ihrem Umfeld die Kompetenz dazu streitig machen und dazu eine offensive Auseinandersetzung führen.

7.2.Die CDU muss den Generationenvertrag, den sozialen und wirtschaftlichen Ausgleich zwischen den Generationen angesichts der sich nun beschleunigenden demografischen Entwicklung neu ausrichten. Das erfordert Anforderungen an alle Generationen. Dazu gehören solide Staatsfinanzen mit fester Schuldenbremse und die Zukunftssicherung der Altersvorsorge und der Krankenversicherung. Dabei müssen die Höhe von Steuern und Sozialabgaben in Grenzen gehalten werden.

7.3.Die CDU muss mehr noch als bisher bessere Rahmenbedingungen für Familien mit Kindern zu einer zentralen Aufgabe machen. Wir brauchen nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen eine ausgeglichenere Bevölkerungsentwicklung. Das umfasst den Familienleistungsausgleich, die Verbindung von Familie und Erwerbstätigkeit mit Wahrung von Aufstiegs- und Karrierechancen und Zugang zu angemessenem, familiengerechtem Wohnraum.

7.4. Die CDU muss auf der Ebene des Bundes, der Länder und der Gemeinden eine Strukturpolitik entwickeln, die die ländlichen Räume als attraktive Heimat mit Zukunftschancen erhält und die wachsenden Ballungsräume entlastet und für umweltfreundliche, bezahlbare und sichere Lebensbedingungen in den Städten und Metropolen sorgt.

7.5. Die CDU muss mit eigenem Konzept auf Strukturen für einen handlungsfähigeren, entbürokratisierten und klarer gegliederten Staat dringen, in dem Entscheidungen und Genehmigungen für Investitionen beschleunigt werden, in dem Kompetenzen eindeutiger zugeordnet sind und politische Entscheidungsabläufe transparenter und schneller werden. Das umfasst eine erneute Reform des Föderalismus, eine rasche Digitalisierung der Verwaltung auf dem Stand der Technik, den Abbau von Doppelstrukturen und beschleunigte Verwaltungsentscheidungen und den Wegfall von Verbandsklagen.

7.6. Die CDU muss dafür eintreten, dass Deutschland fast 80 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg und über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung seine gewachsene internationale Rolle annimmt und seine Interessen offensiv vertritt. Die Union muss eine eigenständige Vorstellung von der Zukunft der Europäischen Union nach dem Maßstab der Subsidiarität, der Sozialen Marktwirtschaft und der finanziellen Solidität entwickeln. Der Beitrag Deutschlands zur Sicherheit Europas und der freien Welt muss stärker werden. Die Union muss Garant dafür sein, dass unsere Bündnisfähigkeit und unser Einfluss gesichert und gestärkt werden. Die Union muss ihren Ruf als die Europapartei mit einem klaren Kurs in der Europapolitik verbessern.

Die MIT wird mit ihrem Grundsatzprogramm und den Ergebnissen ihrer kontinuierlichen konzeptionellen Arbeit maßgebliche Impulse für eine Erneuerung der CDU in diesem Sinn setzen